February 28, 2016

Wenn die Trommeln und Flöten locken ...

Wenn die Trommeln und Flöten locken ...

Verführerisch - So dröhnen die Klänge der Flöten.  Auffordernd - So marschieren die Trommeln. Die Fasnachts-Tage in Basel erfüllen die Altstadt nicht mit einem altbekannten Faschingsgelage. Nein, diese Tradition präsentiert sich anders:

Morgenstraich

Die "drey scheenschten Dääg"

Die Tradition der Fasnacht (ohne erstes "t"!) hält sich im vorrangig evanglischen Basel angeblich schon seit dem 18. Jahrhundert und ist etwas ganz Besonderes. Drei Tage lang wird die Innenstadt den Waggis, Trommeln, Flöten, Schnitzelbängg und Guggenmusik frei gegeben. Die Stadt ist im Fasnachtsfieber. Überall sind die Auslagen (auch eine Woche danach noch) mit Bildern, Masken und Bezügen zur Fasnacht geschmückt.

Es ist eine entspannte Atmosphäre in der Stadt. In dieser Zeit nimmt niemand wirklich Anstoß an den zum Teil gefährlichen Aktionen der Wägen und Cliquen. So hat hier eine Gruppe auf dem Weg in die Altstadt einfach den Verkehr behindert, ohne dass es großes Aufsehen erregt hätte.

Die Waggis-Masken sind das hier eigene Kostüm und man sieht sie in den verschiedensten Variationen auch an den Jüngsten. Traditionell ist allerdings weiße Hose, blaues Hemd, rote Haare und riesige Nase.

Die Kinder sehen in so einer Aufmachen am besten aus. Am Dienstag Nachmittag gibt es sogar Waggis-Schulen, bei der man zum ersten Mal in so eine Verkleidung schlüpfen darf.

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Um die Allerkleinsten allerdings sorgen die Verantwortlichen sich überaus erfinderisch und niedlich.

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Einer meiner Lieblingswägen waren die "Bella Morta", die sich einem Totenkult mit wunderschönen Masken und reichlich verziertem Wagen verschrieben hatten.

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Tatsächlich gibt es hier wirklich nur einfärbige "Räppli" (Konfetti).

Die dann aber trotz Verpöntheit das zu tun, aufgesammelt werden, um sich ein paar Franken zu sparen.

Von den Wägen werden immer wieder Süßigkeiten, Obst oder auch Kartoffeln geschmissen - trägt man allerdings keine Plakette und will so etwas absahnen, wird man mit einer Ladung Räppli belohnt, die dann wohl auch schnell in entlegenste Winkel der Kleidung gelangen.

Kulinarisch konnte ich ein paar Eigenheiten probieren: Chäs Schnitte (mit wunderbar würzigem Käse), Fastenwähe mit Käse oder Kümmel und "Ueli" (übersetzt: Narr) Bier. Letzteres ist eines der beiden Baseler Stammbiere.

Das Spektakel der Fasnacht ist omnipräsent. Die Restaurants und Kneipen sind teilweise durchgehend von Montag früh (ca. 02:00) bis Donnerstag früh (04:00 = Abendstreich) geöffnet .

Doch wer glaubt, dass hier einfach wild gefeiert wird liegt falsch. So gibt es Regeln des "guten Tons", die beachtet werden sollen. Die beiden Wichtigsten: (1) Nur die in Gruppen organisierten Cliquen dürfen sich verkleiden und auch das sind nicht die üblichen 0815-Kostüme. (2) Fasnachts"plaggete" tragen - so zeigt man den finanziellen Beitrag zur Fasnacht (und wird nicht mit "Räppli" ausgestopft oder muss bei anderen Späßen herhalten).

Schnitzelbängg und politischer Beigeschmack

Leider habe ich es nicht in eine Veranstaltung der Schnitzelbängg geschafft. Dabei werden Verse zum internationalen und national-regionalen Geschehen von Laien vorgetragen, die einer bestimmten Form folgen: Sie sind im Baseler-Deutsch verfasst; der Wortschatz und die Pointe zum Schluss entscheiden über die Qualität des satirischen Gedichtes. Gruppen und Einzelpersonen bereiten diese Ausführungen schon das ganze Jahr über vor. Die allermeisten sind Laien im Metier der Dichtkunst.

Zu spät habe ich von der Möglichkeit in einem der Cliquenkeller diesen Einlagen zu lauschen erfahren. Denn die mindestens 50,- Chf für die bekannten Vorstellungen von mehreren Vorträgen nacheinander im Theater waren mir zu teuer. Abgesehen davon sind die Karten im Jahr davor schon schwer zu bekommen.

Eine Kostprobe gefällig? In den Zeitungen wurden nach der Fasnacht ein paar Schnitzelbängge abgedruckt. Unsere Vermieterin hat ein paar davon aufgehängt:

Trotz der verpassten Gelegenheit einen Vortrag live zu sehen habe ich die Fasnächte sehr genossen. Verzaubert wie die Jüngsten bin ich der Guggenmusik durch die Gassen gefolgt und habe mich in einer besonderen Art auf die Stadt einlassen können, wie das wohl zu keinem anderen Zeitpunkt möglich gewesen wäre.

In den verwinkelsten Gassen noch marschierten kleine wie große Truppen den ganzen Tag umher, um ihre Melodien zu spielen. Sogar Solo-Pfeifer habe ich getroffen.

Diese Wanderschaften haben mir an den "drey scheenschten Dääg" am meisten Spaß gemacht.

Man wird als Außenstehende das Gefühl nicht los, dass hier etwas mehr als der Fasching im Gange ist. Wie ein Protestzug dröhnt die Musik durch die Gassen - auffordernd und lockend.


Einiges mehr über die Fasnacht in Basel kann man in Wikipedia lesen - der Eintrag ist ausführlich und scheint gut betreut zu sein.

Ein wunderbarer Einstieg in Basel! Nächste Woche starten schon die ersten Kurse und ich werde wohl endlich die neue Küche beziehen beziehen können. Ich bin gespannt wie ich an der Uni und im Wohnheim zurecht kommen werde.